Coca Konsum in Bolivien

by Jörg
447 views 3 min read

Coca. Da denkt man sofort an weisses Pulver und Drogenbarone. Bereits in Peru, noch viel mehr aber in Bolivien, wird Coca nicht mit Kokain gleich gestellt, sondern eher wie Kaffee oder Wein. Als Genussmittel halt, oder auch als pflanzliches Heilmittel. Der Coca-Strauch ist mit seinen Blättern gleichermassen der Rohstofflieferant für allerlei Alltagsprodukte, wie halt eben auch für die Herstellung von Kokain. Durch einen Herstellungsprozess mit verschiedenen Chemikalien, wird aus den 2% Kokain, welche sich in den Coca-Blättern befinden, eine potente Droge hergestellt.

Da in unserer Familie niemand Erfahrungen mit irgendwelchen in der Schweiz illegalen Substanzen hat, war es auch überhaupt nicht unser Ziel, in Südamerika Coca Produkte auszuprobieren. Als wir aber die ersten Male für längere Zeit auf über viertausend Metern waren, haben uns die Produkte der Einheimischen sehr geholfen. Beispielsweise trinken Bolivianer keinen Schwarztee. Man trinkt Coca-Tee. In Bolivien gibt es keine „Sugus“ oder „nimm2“. Es gibt Coca Bonbons in verschiedensten Variationen.

Wir haben zu Beginn vor allem die Bonbons gelutscht, wenn wir über die Bergpässe gefahren sind. Wir waren unzählige Male auf über 4000 Metern. Drei Mal sogar auf knapp 5000 Metern. Da wird die Luft einfach so dünn dass man dankbar ist, wenn man ein Mittel hat welches einem hilft. Nach so einem Bonbon konnten wir die nächste halbe Stunde wieder leichter atmen. Es war auch ein Sicherheitsaspekt. Wenn Nathalie oder ich wegen dem Sauerstoffmangel das Fahrzeug in halb benebeltem Zustand lenkten, war das einfach gefährlich. Ich möchte mich hier nicht rechtfertigen. Es hat schon einen Grund, weshalb diese Produkte vor Ort nicht illegal sind.

Den Coca-Tee haben wir in den wirklich hoch gelegenen Herbergen beim Frühstück genossen. Aber auch als Nathalie Höhenkrank wurde, half Coca-Tee mit viel Zucker. Mir wurde bei einer Magenverstimmung welche ich mir geholt hatte, zu diesem Tee geraten. Dort blieb der Effekt dann aber leider aus. Als leidenschaftlicher Teetrinker genoss ich den Tee aber allemal.

Ein weiteres Produkt ist der Coca-Schnaps. Diesen haben wir aber nicht probiert. Wir trinken auch sonst keinen Schnaps, da müssen wir in Bolivien nicht damit beginnen.

Zur Coca-Schokolade sind wir eher zufällig gestossen. Hungrig an einem Ort wo es fast nichts gab, hat uns eine Tafel Schokolade angelacht. Und wie es so ist, Schokolade geht immer 🙂

Wir haben wir uns dann mit den Bestimmungen zum Import solcher Artikel in die Schweiz befasst. Bevor wir der halben Verwandtschaft Souvenirs kaufen, welche wir dann am Schweizer Zoll wieder abgeben müssen, wollten wir Klarheit haben. Ungeahnt klar war dann auch die Aussage, welche auf der Seite des auswärtigen Amtes zu finden war. Ausdrücklich wurde dort geschrieben, dass die Einfuhr jeglicher Produkte mit Coca verboten sei. Explizit auch Bonbons und Tee. Somit war das geklärt. Leider.

Auf unserer Führung durch La Paz hat Max, unser Führer, kurz an einem Marktstand angehalten, um etwas bei einer älteren Dame zu kaufen. Für 70 Rappen hat er sich einen prall gefüllten Sack Coca Blätter und einen etwa 200 Gramm schweren, schwarzen Klumpen Lejia gekauft. Wir waren zu Beginn schon etwas erstaunt. War das legal? Was wollte er damit? Doch bereits ein paar Minuten später, in einem ruhigen Innenhof, wollte er uns die Gelegenheit bieten, das kauen der Coca-Blätter richtig zu erlernen. Wir sprechen hier nicht von einer ayahuasca Erfahrung mit Halluzinationen und allem was dazugehört. Es ging lediglich darum zu verstehen, wie das die Einheimischen denn machen. Selbstverständlich wollten wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Währenddem Max sich eine Portion Coca bereitete, erklärte er jeden Schritt ganz genau und beantwortete die vielen Fragen von uns unwissenden. Er nahm sich etwa 20 Blätter aus dem Säcklein. Von jedem einzelnen Blatt knipste er, sofern vorhanden, mit seinen Zähnen den Blattstiel ab. Dann verstaute er die Blätter eins nach dem Anderen in seiner rechten Backe. Dies dauerte eine ganze Weile. Er hatte es nicht eilig. Die Blätter schmecken bitter, führte er aus. Einfach nur so, seien diese kein grosser Genuss. Unten im Blätter-Säcklein befand sich noch der Klumpen mit der schwarzen Masse, dem Lejia. Lejia ist eine Mischung aus Asche, Quinoa und Minze oder Menthol. Erst das Zugeben eines Fingernagel grossen Stückes Lejia, macht das Ganze zu einem Genuss. Er schob sich die Masse ebenfalls in den Mund, wendete die Blätter und das Lejia mehrmals mit der Zunge und verstaute das Ganze dann wieder in der Backe. Gekaut wird nicht. Erklärte uns Max. Die Substanzen werden durch die Schleimhaut im Mund in den Körper aufgenommen. Nach etwa einer Viertelstunde entfernt man die Blätter wieder aus dem Mund. Man spuckt diese nicht aus, sondern deponiert diese entweder unter einem Blatt oder einem Stein. Das Lejia hat sich bis dann bereits komplett verflüssigt und wurde mit dem Speichel heruntergeschluckt. In der Zwischenzeit wurde das Säcklein mit den Blättern herumgegeben. Jeder nahm sich etwa 20 Blätter und ein wenig Lejia. Obwohl man nicht probieren musste, wollte jeder und jede diese Gelegenheit nutzen. Auch Zora und Ronja wollten probieren. Wir fragten Max an. Für ihn nichts spezielles. Hier in Bolivien kaut man bereits in jungen Jahren. Etwa 5 Blätter sollten genügen, meinte er. Na gut, wenn er das als so unbedenklich empfindet… Und so steckten sich auch Ronja und Zora Blätter in den Mund. Diese blieben dort allerdings nicht für lange. „Igitt“ und „Wäh“, waren die Meinungen zum Geschmack der Blätter im Mund. Da mögen die Kinder die Coca-Bonbons doch viel lieber! Aber welches Kind kann sonst von sich behaupten, mit einem Einheimischen Coca-Blätter gekaut zu haben?

1 comment

Melanie Hoppe 5. Januar 2023 - 23:08

WOW!!! Ich liebe Ronjas Blick auf dem unteren Foto

Reply

Leave a Comment

Das könnte dir auch gefallen