Flucht aus Arequipa

by Nathalie
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Die Flucht aus Peru unterteilen wir in 3 Artikel. Jeder von uns schreibt einen Teil und täglich erscheint einer davon. Ich wünsche euch ein packendes Leseerlebnis!

Bereits bei der Planung der Reise im Frühjahr 2022, war uns bewusst, dass Peru politisch nicht das stabilste Land ist. Das die Eskalation nun just in dem Moment statt findet, in welchem wir in Peru sind… nun ja, nennen wir es einmal Pech.

Es ist der 07. Dezember 2022 als der peruanische Präsident am Fernsehen verkündet, dass er den Notstand ausrufen und das Parlament auflösen will. Doch noch vor der Umsetzung seines Plans, enthebt das Parlament den Präsidenten seines Amtes aufgrund „moralischer Unfähigkeit“. Der nun Ex-Präsident wird auf seiner Fluch verhaftet und später zu 18 Monaten Haft verurteilt.

Wir befinden uns zu dieser Zeit in der Oase Huacachina. Abgesehen von vielen Peruanern, welche aufgeregt die Medien verfolgen und darüber diskutieren, ist noch nichts zu spüren.

Erst vier Tage später, werden wir von der ersten Strassensperre aufgehalten. Die nette Dame an der Zahlstelle, macht uns darauf aufmerksam, dass die „Panamericana Sur“ zur Zeit blockiert sei. Es könne allenfalls eine Stunde oder etwas mehr dauern, bis die Strasse geräumt ist (sie ist bis heute gesperrt). Wir fahren also die etwas längere Route, kommen aber ohne weitere Behinderungen in Arequipa an. Es sollte die letzte ruhige Fahrt für lange Zeit sein.

Die wachsende Unruhe ist in der ganzen Stadt zu spüren und die Proteste nehmen zu. So kreuzen wir auf einer Führung einen Protestzug und vom Dach eines Restaurants sind mehrere Brände in den Vororten zu sehen. Das Polizeigebäude brennt, der Flughafen Arequipa wird gestürmt und die Medien berichten von den ersten Todesopfern aufgrund der Ausschreitungen. Der abonnierte Newsticker einer peruanischen Zeitung, meldet unaufhörlich neue Hiobsbotschaften.

So kommt es auch, dass wir an einem Abend auf dem Weg zum Restaurant plötzlich wütende Parolen und Rufe hören. Wir sehen unweit unseres geplanten Restaurants eine vermummte Menschenmenge, welche die Strassenverzweigung blockiert. Sämtliche Geschäfte und Restaurants, darunter auch jenes in welches wir wollen, schliessen und verbarrikadieren ihre Eingänge. Okay, definitiv keine gute Idee in dieser Gegend zu bleiben. So ändern wir unseren Kurs und gehen weiter weg etwas Essen. Wir sitzen hier im ersten Stock und können hören und sehen wie der wütende Mob durch die Strassen zieht und verunsicherte Passanten vor ihm davon eilen. Erst als es wieder ganz ruhig ist, verlassen wir das Restaurant und sind dankbar, dass unser Hotel bewacht und von einer dreieinhalb Meter hohen Mauer umgeben ist.

Wir fühlen uns in dieser Hochburg der Ausschreitungen nicht mehr wohl und entscheiden uns, wie ursprünglich geplant, am nächsten Tag zum Canyon de Colca zu fahren. Die ursprüngliche Reise sah vor, dort den Aussichtspunkt „Cruz del Condor“ zu besuchen. Den Ort, wo man den grössten flugfähigen Vogel der Welt beim durchstreifen der Lüfte beobachten konnte.

Meine Aufgabe ist ja jeweils die Navigation und so suche ich eine Route, welche möglichst weit weg vom Flughafen oder grösseren Strassenverzweigungen verläuft. Auch vermeide ich Hauptverkehrsrouten. Jörg ist mit der Route einverstanden und so fahren wir um 10 Uhr morgens los. Bereits knapp eine halbe Stunde später, in einem Vorort von Arequipa, sehen wir eine Menschenmenge und grössere Steine auf der Strasse. Wir möchten nichts riskieren und biegen in ein Quartier ab. Über holprige Strassen, kämpfen wir uns den Berg hoch. Erst ganz am Ende des Dorfes, biegen wir wieder auf die Hauptstrasse. Auch hier müssen wir uns um verschiedene Hindernisse kämpfen, welche nur teilweise zur Seite geräumt wurden.

Unsere Strasse, oder besser gesagt unsere Piste, schlängelt sich dem Berg hoch. Die Strasse ist steil, dazu befinden wir uns auf knapp 3000 Meter über Meer. Jörg gibt alles und holt das letzte aus unserem Toyota Rush raus, dennoch muss er des Öfteren sogar in den 1. Gang zurückschalten. Was für eine lahme Gurke von Auto… und das 84 Oktan Benzin, gibt wohl noch den Rest dazu.

So kämpfen wir uns den Berg hoch und sind froh, als uns ein Fahrzeug begegnet. Wir bitten den Fahren anzuhalten. Was für ein lustiges Quintett sich in dieses kleine Auto gezwängt hat. Laute Musik dröhnt aus dem Fenster, alle inkl. Fahrer sind am Essen. Aber, sie geben uns Auskunft. Ja, der Pass sei frei und auch befahrbar. Welch wunderbare Neuigkeiten. Nach gut 2 Stunden erreichen wir die Passhöhe und die Hochebene. Die Fahrt geht nun doch wieder flott voran. Bis ich eine Herde von wilden Vicuñas entdecke. Zora ist direkt ein Schrei der Entzückung entfahren und so halten wir natürlich an um diese wunderschönen Tiere zu bestaunen und zu fotografieren.

Das erste Mal auf dieser Fahrt, herrscht eine heitere und gelöste Stimmung im Auto. Wir lassen unsere Blicke über die Hochebene schweifen und entdecken immer wieder Vicuñas. Kurze Zeit später erreichen wir eine grössere Verzweigung. Hier kreuzt sich unsere Strasse mit der Hauptverbindungsachse. Aufmerksam und angespannt erreichen wir die Kreuzung. Tatsächlich sitzen etwas weiter oben auf der Strasse Personen auf Stühlen. Zügig passieren wir die Kreuzung und fahren weiter Richtung Patapampa Pass. Wir sind alleine unterwegs. Kein Fahrzeug kommt uns entgegen und kein Fahrzeug ist in gleicher Richtung unterwegs. Mir gefällt das nicht. Wir müssen über diesen Pass kommen, es führt keine andere Strasse in der Nähe zum Canyon. Nach einer halben Stunde entdecken wir ein Fahrzeug am Strassenrand und eine Frau macht Fotos von Alpakas. Wir halten ebenfalls am Strassenrand und während ich ebenfalls Fotos von den Alpakas mache, redet Jörg mit dem Fahrer. Es sind Franzosen und sie haben das gleiche Tagesziel wie wir. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass die Passstrasse frei sei und sowieso sei dies ja „part of the adventure“. Naja, nicht wirklich meine Einstellung. Etwas schmunzelnd stelle ich fest, dass die Franzosen mit Sommerpneus unterwegs sind. Ob sie wohl bereits gesehen haben, dass der Pass knapp 4900 Meter hoch ist? Und dass schon von hier zu sehen ist, dass es oben schneit? Nicht mein Problem, wir haben genug Eigene im Moment.

Jörg manövriert uns sicher durch den Schneepflotsch und nach kurzer Zeit erreichen wir die Passhöhe. Trotz der Kälte und dem Schneefall, steigen wir kurz aus und machen ein Foto. Habe ich übrigens schon erwähnt, dass unser Fahrzeug weder über eine Lüftung noch über eine Heizung verfügt? Es ist doch ziemlich unangenehm bei 2 Grad mit leicht geöffneten Fenstern fahren zu müssen, damit die Scheiben nicht beschlagen. Und nach unserem Fotoausflug ist es jetzt noch kälter im Auto. So bin ich immer wieder die Scheiben von innen am putzen, damit Jörg immerhin sieht, wohin er fährt. Währenddessen, sind die Kinder unter unseren Jacken auf der Rückbank begraben. Sie sind müde, denn wir fahren nun schon über vier Stunden am Stück. Auch wenn ich durchaus Verständnis für ihren Unmut habe, so muss ich mich jetzt wieder auf die Fahrt konzentrieren.

Zügig fahren wir weiter und können den Ort Chivay bereits am Ende des Tals sehen. Doch so leicht machen es uns die Einwohner des Tales nicht. Wir treffen auf verschiedene Blockaden, welche nur teilweise zur Seite geschoben worden sind. In Schlangenlinie zirkelt Jörg uns zwischen den Steinen hindurch. Immer und immer wieder. Am Ortseingang entdecken wir wieder eine Menschengruppe in der Nähe der Strasse. Ich hätte nie gedacht, dass der Anblick von Menschen mir solches Unbehagen bereiten kann. In sicherer Entfernung halten wir an und verschaffen uns einen Überblick. Es sieht aus als ob die Strasse passierbar ist und so setzten wir unsere Fahrt fort und erreichen nach weiteren 20 Minuten unser Hotel. Erleichtert schälen wir uns nach über 5 Stunden Fahrt aus den Autositzen und beziehen unser Zimmer. Ernüchtert stellen wir fest, dass das Hotelzimmer wie unser Auto über keine Heizung verfügt. So verziehen wir uns unter die Bettdecken und ich strenge den Wasserkocher an, damit wir wenigstens einen warmen Tee trinken können. Erschöpft von der anstrengenden Fahrt und den hämmernden Kopfschmerzen aufgrund der Höhe, schlafen alle gegen 20 Uhr tief und fest.

Den nächsten Tag nehmen wir uns frei und besuchen früh morgens den „Cruz del Condor“. Es sei der beste Ort um Kondore in freier Wildbahn zu sehen. Nach über einer Stunde in der Kälte und ohne Hoffnung, dass doch noch ein Kondor kommt, treten wir den Rückzug an. Die Höhenkrankheit überkommt mich und fesselt mich mit Kopfschmerzen und Übelkeit den restlichen Tag ans Bett. Während die Kinder im Nebenzimmer spielen und einen Dokumentarfilm über Kondore schauen, stockt Jörg im Dorf unsere Vorräte auf. Brot für 2 Tage, 7 Liter Wasser, salziges und süsses Gebäck sowie Cocabonbons finden den Weg in unseren Fresssack. Auch versucht Jörg noch die fehlende Sicherung für die Lüftung aufzutreiben. Leider ohne Erfolg.

Am Abend geht es mir etwas besser und Jörg führt uns ins beste Restaurant des Tals. Wir sind die einzigen Gäste und die Köchin ist nur für uns aufgeboten worden. Dennoch verwöhnt sie uns mit dem besten Essen, welches wir seit langem hatten. Im Verlauf des Abends sprechen wir mit unserem Gastgeber. Seit Tagen erhalte er nur noch Absagen und der Pass sei am Tag vor unserer Ankunft blockiert gewesen sein. Eine Gruppe Demonstranten, habe oben auf der Passhöhe eine Weiterfahrt verunmöglicht. Er befürchte, dass es noch schlimmer werde. In mir bereitet sich schon wieder ein ungutes und mulmiges Gefühl aus. Ich überprüfe den Newsticker und die Lage auf der Strasse. Es bestehen weitere, neue Strassensperren und die Kundgebungen werden zunehmend gewalttätiger. Das wird eine unruhige Nacht.

Es ist 8 Uhr morgens, als wir das Hotel verlassen und uns auf den Weg nach Puno, einer Stadt am Titicacasee, machen. Wir haben zwei Routen ausgearbeitet. Eine Kurze von ca 4 1/2 Stunden, welche über den Pass führt und eine Lange von über 7 Stunden, welche über unzählige Bergkämme und noch unbedeutendere Strassen führt. Obwohl unser Tank noch mehr als halb voll ist, statten wir der Tankstelle einen Besuch ab. Kartenzahlung wird nicht mehr akzeptiert. Zum Glück haben wir vorgesorgt und einiges an Bargeld mit dabei. Guter Dinge, schlagen wir den Weg zum Patapampa Pass ein. Doch bereits nach fünf Minuten entdecken wir weitere, neue Blockaden, teilweise steigt noch ein wenig schwarzer Rauch aus den Resten der verbrannten Pneus auf. Ich aktualisiere unsere Route auf google maps und tatsächlich ist die Passhöhe wieder rot eingezeichnet. Es scheint, als ob die Barrikade auf dem Pass neu errichtet worden ist. So wendet Jörg das Fahrzeug und wir informieren die Kinder, dass es leider doch der lange Weg sein wird. Während Jörg uns über die holprige Piste chauffiert, erfreuen wir uns ab den süssen Alpakas, welche am Strassenrand weiden. Zu dieser Zeit wissen wir noch nicht, dass wir an diesem Tag über 10 Stunden brauchen werden um die knapp 380 Kilometer zurückzulegen.

Auf der Karte sind einige Dörfer entlang unserer Route eingezeichnet. Jörg und mir passt dies nicht wirklich. Jedes Dorf, welches wir durchqueren müssen, erhöht die Gefahr auf Blockaden oder Wiederstand zu treffen. Nach rund 1 1/2 Stunden ist es dann leider so weit. Wir erspähen am Ortseingang eine Strassensperre und auch die geplante Ausweichroute ist versperrt. Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als anzuhalten und zu warten. Jörg spricht mit dem Fahrer vor uns. Er wartet seit einer Stunde und die Protestierenden haben ihm eigentlich versprochen, dann die Strasse freizugeben. Nun ja. Wir bleiben im Fahrzeug. Es steht uns als Ausländern nicht zu, die Protestierenden anzusprechen. Im Gegenteil. Wir würden uns dadurch in grössere Gefahr begeben, schliesslich ist es viel lukrativer und interessanter, Ausländer in der Gewalt zu haben, als Peruaner. Ein Fahrer eines nachfolgenden Fahrzeuges hat anscheinend die richtigen Worte im Gespräch mit den Protestierenden gefunden und sie fangen an, einen kleinen Durchgang freizumachen. Hektik macht sich breit und alle starten die Motoren, bereit aus dieser Situation auszubrechen. Jörg reiht sich so in die Fahrzeuge ein, dass wir weder das erste noch das letzte Fahrzeug sind. So verringert er die Gefahr, dass wir dennoch festgehalten werden. Artig bedanken wir uns bei der Durchfahrt und sind froh, als wir aus dieser Situation so heil heraus gekommen sind.

Die nächsten Stunden quälen wir uns über weitere unbefestigte Strassen und legen Kilometer für Kilometer an Strecke zurück. Immer wieder stehen Personen am Fahrbahnrand, welche um eine Mitfahrgelegenheit bitten. Tut uns sehr leid, aber das Risiko ist uns unter diesen Umständen zu hoch. Die Situation ist schon genug kritisch und wir brauchen nicht noch einen weiteren Faktor. So nähern wir uns dem letzten Bergkamm, welchen es zu passieren gilt. In den letzten Tagen waren hier immer wieder kleinere Blockaden gemeldet worden. Unruhig tippe ich auf dem Handy herum und versuche die aktuelle Lage abzuschätzen. Jörg und Zora machen sich derweilen lustig über mich und meinen, dass ich übertreibe. Doch die Quittung folgt prompt. Nach einigen Kilometern nähern wir uns mal wieder einem Dorf. Viele Collectivos (Sammeltaxis) stehen am Strassenrand und etwas weiter die Strasse runter, erhebt sich ein über 1 Meter hoher Steinwall. Ein Fahrer eines Collectivos winkt uns zu sich und bittet uns anzuhalten „ay chico… aqui no hay paso“. Das darf doch nicht wahr sein… schon wieder. Jörg wendet das Fahrzeug und ich frage den Fahrer nach meiner Alternativroute. Ja, diese Strasse sei seines Wissens frei. Sei Bruder wohne dort. Wir vertrauen der Aussage und fahren zurück zur Abzweigung. Tatsächlich ist die Strasse, abgesehen von vielen Alpakas auf der Strasse, frei und wir erreichen nach knapp zwei Stunden Lampa.

Lampa ist ein Provinznest. Auf der Strasse herrscht praktisch kein Verkehr. Lediglich Motorräder und kleine Piaggios kreuzen unseren Weg. Kein gutes Zeichen. Wenig später erspähen wir so dann auch eine Blockade auf einer Brücke. Ein älterer Herr bittet uns anzuhalten und fragt ob Jörg ihm helfen könnte die Steine weg zu tragen, dann hätten auch wir freie Fahrt. Aber selbst zu Dritt, hätten wir keine Chance diese riesigen Steine wegzutragen. Eine Frau gesellt sich zu ihm und informiert uns, dass auch die zweite und letzte Brücke im Dorf blockiert sei. Ich frage sie ob es noch einen anderen Weg gibt. „Jaja… durch den Fluss hinter dem Busterminal“. Etwas entgeistert sehe ich sie an. „Durch den Fluss?“ „Ja“. Sie habe heute Morgen Fahrzeuge beobachtet, welche das gemacht haben. Der Fluss sei nur etwa 50 Meter breit und führe derzeit nur wenig Wasser. Ein Versuch ist es wert.

Die Strasse zum Fluss ist übersäht mit grossen Glasscherben. So steige ich aus und wische diese mit meinem Fuss weg. Ich habe definitiv keine Lust auf einen Platten Reifen und hier bleiben zu müssen. Während dem Wegwischen fällt mir auf, dass in den Flaschenhälsen noch die abgebrannten Lunten stecken. Es macht den Anschein, als ob es hier in den letzten Tagen doch ziemlich zur Sache gegangen ist. Ich beeile mich, insbesondere da ich mit meiner Arbeit nicht nur freundliche Blicke auf mich ziehe. So lernt Zora heute doch noch etwas nützliches. Nämlich, wie man einen Molotov Cocktail baut.

Wir erreichen das Flussbett und Jörg steigt aus. Er geht die Stelle zu Fuss ab und vergewissert sich, dass das Wasser auch wirklich nicht zu tief ist. Ronja ist ganz aufgeregt und freut sich unheimlich über ihre erste, richtige Flussdurchfahrt. Es tut gut sie so aufgeweckt zu sehen, ist es doch auch für sie ein anstrengender Tag. Die vielen Offroadferien von Jörg machen sich bezahlt und auch dieses Hindernis haben wir ruckzuck durchquert und lassen Lampa hinter uns.

Nach rund 30 Kilometern erreichen wir Cabanillas. Auch in diesem Dorf gibt es nur eine Brücke. Unzählige Motorradfahrer kommen uns entgegen und zwängen sich durch die Gassen. Es ist eine hektische Stimmung und an jeder Hausecke wird Benzin in Kanistern verkauft und in die Tanks der Motorräder gefüllt. Und so liege ich Jörg mal wieder in den Ohren ob es nicht sinnvoll wäre zu tanken, auch wenn der Tank noch halb voll ist. Wer weiss, wann wir das nächste Mal an Benzin kommen. Jörg winkt vorerst ab, zuerst müssen wir über die Brücke. Ja… du hast ja recht. Wir sind erleichtert als wir die Brücke so dann erreichen und diese tatsächlich passierbar ist. Eine Flussdurchfahrt wäre hier nicht möglich gewesen. Ronja ist enttäuscht, sie hätte sich so über eine weitere Durchfahrt gefreut. Doch sie muss nicht lange traurig sein 🙂 die Strasse ist blockiert und der einzige Weg führt zwischen den Bahngeleisen durch. So folgen wir den Ortskundigen und fahren wir zwischen den Schienen, bis wir eine passierbare Strasse gefunden haben. Damit ich ihn nicht weiter mit meiner Benzinsorge nerve, steuert Jörg nun Tankstellen an. Doch erst die Dritte hat überhaupt geöffnet. Während wir in der Schlange warten, hören wir die immer lauter werdenden Rufe und Parolen von Demonstranten. Auch das noch. Wir spitzen die Ohren und stellen fest, dass die Meute sich anscheinend in unsere Richtung bewegt. Nichts wie weg hier. Wir verlassen unverrichteter Dinge die Warteschlange und fahren weiter. Einmal mehr passieren wir unzählige Blockaden, welche behelfsmässig weggeräumt worden sind.

Unzählige Tankstellen sind geschlossen und die Zapfsäulen abgedeckt und verbarrikadiert. Die Angst vor Vandalen ist spürbar gross. Dennoch finden wir eine kleine Tankstelle, welche geöffnet hat und füllen unseren Tank. Bleifrei 90 ist das Beste, was es hier gibt. Egal, das muss reichen. Sicher ist sicher. Gegenüber der Tankstelle wird während dessen ein Fest gefeiert. Lautes Gelächter und Musik, schallt über die Strasse zu uns und die Besucher sind fröhlich am tanzen. Für uns passt das irgendwie nicht zusammen und das Ganze wirkt doch etwas verstörend auf mich. Ich bin froh, dass wir bald weiter können.

Kurz vor den Stadttoren von Puno informieren wir unsere Gastfamilie, dass wir in ca. 30 Minuten am vereinbarten Treffpunkt sein werden. Jörg hat unseren Gastgeber Edi, während der Fahrt immer wieder über den aktuellen Stand informiert, um sicher zu stellen, dass uns am Ende auch wirklich jemand in Puno abholt.

Es ist mir unangenehm durch Puno zu fahren. Der Name der Stadt erscheint täglich im Newsticker und die Brandspuren und Steine auf der Strasse, tragen nicht zu einem besseren Gefühl bei. Überall sind Brandspuren zu sehen. Aus einigen der Haufen auf der Strasse steigt noch Rauch auf. Nach kurzer Zeit stehen wir vor einem gelb/blauen Tor. Hier ist die Cochera, also der bewachte Parkplatz, welcher Edi uns empfohlen hat. Da es weder eine Tür noch ein Büro gibt, steige ich aus und hämmere an das Tor. Doch es tut sich nichts. Das kann doch nicht sein! Jetzt, so kurz vor dem Ziel! Leicht genervt hämmere ich noch fester an das Tor und tatsächlich, nach kurzer Zeit öffnet ein Herr das Tor und gewährt uns Einlass. Jörg zirkelt das Auto in die ultra enge Parklücke und wir schnappen die kleinen Koffer und laufen zum Treffpunkt. Zu Fuss unterwegs zu sein, ist noch unangenehmer als mit dem Auto. Fast schon paranoid beäuge ich alle Personen, welche unseren Weg kreuzen. Nach kurzer Zeit erreichen wir den Treffpunkt mit dem Taxifahrer, welcher uns zu einem kleinen Steg am See fährt. Hier warten wir auf Edi’s Bruder. Abraham wird uns mit einem kleinen Boot zu ihrer Schilfinsel bringen. Ja genau, die nächsten zwei Nächte werden wir weit draussen auf dem Titicacasee bei den Uros auf den schwimmenden Schilfinseln verbringen. Unglaublich herzlich werden wir von der Familie begrüsst und umsorgt. Nach all dem Hass und der Wut, welche uns auf dem Weg hier hin begegnet ist, ist es einfach nur eine Wohltat. Und so schlüpfen wir nach einem langen Tag und einem guten Abendessen in die Betten. Für Heute ist es mehr als genug.

2 comments

Stefan 21. Dezember 2022 - 0:27

Meine Lieben, als ich den Bericht gelesen habe stockte mir das Blut in den Adern,- also mehr Abenteuer geht wirklich nicht,- bitte seid vorsichtig und geht kein Risiko ein !!!
Hoffentlich ist der Spuk in Peru für Euch bald vorbei … lasst Euch lieb drücken …

Reply
Thomas Schuler 21. Dezember 2022 - 6:42

Unwahrscheinlich was Ihr alles erlebt. Das wird wohl ein Dokumentarfilm werden. …
Nein im Ernst das ist sehr Beeindruckend was Ihr da alles erlebt und immer wieder gut meistert.

Kompliment! und bleibt Vorsichtig es lohnt sich.

Ich hoffe für Euch, dass Ihr bald aus Peru raus seid.

LG Thomas

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