In Köln haben wir wieder einmal an einer „free walking tour“ teilgenommen und waren überrascht, was diese Stadt alles zu bieten hat.
Seit 8 Jahren lebt Annika, unsere gebürtige Deutsche Tourguide, nun in Köln. Sie bringt uns die Stadt mit viel Witz näher. Dabei erklärt sie uns die Kölsche Lebenseinstellung, den Drang der Kölner zu speziellen Weltrekorden, das Kölsche Grundgesetz, was ein Immi ist, wie der Kölner mit Problemen umgeht und wie in Köln Karneval gefeiert wird. Jeder Teil der Erklärungen findet an einem anderen Ort statt. Gleich dort, wo man das Thema am besten erklären kann. Gerne bringe ich euch ein paar der Themen näher.
Die Kölsche Lebenseinstellung:
In einer blumig ausgeschmückten Geschichte erzählt Annika, wie damals die Römer den Rhein hinab bis nach Köln (und dann noch etwas weiter bis Xanten) ihr Reich erweiterten. Die Kölner entstanden aus den damals hier ansässigen Ubiern und den Römern. Diese kämpften hier nicht, sondern gingen eine Kooperation ein. Eigentlich sind die Kölner also zum Teil Italiener. Und so wundert man sich auch nicht mehr, dass die Deutschen Tugenden wie Strebsamkeit, Pünktlichkeit, Genauigkeit für den Kölner nicht gelten. Der Kölner ist da eher gelassen. „Et es wie et es“ (Es ist wie es ist), ist denn auch der erste Artikel im Kölschen Grundgesetz.
Das Kölsche Grundgesetz:
Wer die 11 Artikel des Kölschen Grundgesetzes gelesen hat, kann sich den Kölner recht gut vorstellen.
Immi:
Ein paar hundert Meter weiter erklärt uns Annika, was ein Immi ist. Nein, nicht was wir denken. Kein Immigrant. Ein Immi ist ein Imitator. Denn für den Kölner ist klar, wer hierher kommt, der sieht sofort dass er auch so werden möchte wie die Kölner. Also imitiert der Neuzuzüger die Kölner und wird so zu einem Immi. Was gibt es denn tolleres, als ein Kölner zu sein? Ausländer, Flüchtlinge, Immigranten und so weiter, gibt es alles nicht. Ich finde diese Einstellung sehr schön und möchte dies in Zukunft auch so für mich übernehmen.
Probleme lösen auf Kölner Art:
Gleich neben dem Dom erklärt uns Annika, wie in Köln mit Problemen aller Art umgegangen wird. Die Kölner Lösung ist nie die perfekte oder die billigste Lösung, aber das Problem löst sie allemal. Wir wissen noch nicht recht, auf was Annika hinaus will. Da geht sie um die Ecke in ein Parkhaus mit uns. Mitten im Parkhaus stehen die Überreste der alten, tausendjährigen Stadtmauern, welche beim Bau des Parkhauses zum Vorschein gekommen sind. Man hat hier einfach eine wüste, halbhohe Betonmauer rundherum gebaut und fertig. Jetzt kann man sich mitten im Parkhaus die antike Stadtmauer anschauen. Keine Glaswand oder museale Beschilderung. Der Parkplatzbetreiber nervt sich ab den dreissig Parkplätzen welche er verloren hat, aber immerhin kann er sein Parkhaus betreiben. Gleich vor den Motorradparkplätzen wurde dann blöderweise noch ein römischer Brunnen entdeckt. Das Ding nervt richtig, weil der Brunnen über drei Stockwerke geht! 6 weitere Parkplätze kostet das den Parkplatzbetreiber. Auch hier wurde eine Betonmauer herum gebaut und im obersten Stockwerk eine Seite offen gelassen, damit das Bauwerk nicht komplett versiegelt ist.
Gleich neben dem Dom steht ein Museum. Man kann gleich erkennen dass dieses wirklich sehr nahe an den Dom gebaut wurde. Kein anderes Gebäude steht auch nur ansatzweise so nahe am Dom. Annika erklärt uns, dass auch hier eine Kölsche Lösung dafür gefunden wurde, das man näher an den Dom bauen darf, als es das Gesetz erlaubt.
Die Kölner dachten sich nämlich, da sie selber ja die Gesetze machen können, können sie das Gesetz über den Bauabstand zum Dom auch aufheben. So konnte man dann das Museum im gewünschten, kleinen Abstand bauen. Damit der Platz vor dem Dom nun aber nicht weiter zugebaut wird, wurde gleich nach dem Bau ein neues Gesetz eingeführt. Dasselbe wie vor dem Bau des Museums 🙂
Eine dritte Kölsche Lösung brachte uns Annika bei der Kölner Philharmonie näher. Mangels Platz wurde ein grosser Teil des Konzertsaales unterirdisch verbaut. Wie sich leider nachträglich herausstellte, wurde beim Bau der Schallschutz vergessen. Vom darüberliegenden, von Fussgängern leider stark frequentierten Platz, hört man Trittgeräusche im Konzertsaal. Man könnte jetzt die Schallisolierung verbessern. Aber es geht ja auch anders. Und so wurde kurzerhand eine Wachmannschaft bestehend aus etwa 10 Personen eingestellt, welche nicht nur bei Konzerten, sondern auch bei jeder einzelnen Probe den Platz absperren und dafür sorgen müssen, dass niemand auf den Platz tritt. Wie es der Zufall will, konnten wir am Nachmittag Zeugen dieses Schauspieles werden. Hunderte Personen wurden immer und immer wieder zurechtgewiesen und zurückgeschickt. Eine Kölsche Lösung eben 🙂
Uns hat die Führung durch Köln sehr gut gefallen. Wenn ihr also in Köln eine free walking tour sucht, ist freewalkcologne sicher eine gute Wahl!
2 comments
Meine… alte… Heimat… so schön zu lesen. Wie gerne hätte ich Euch unterwegs getroffen! Aber… dann eben ein anders Mal
Immer wieder interessant Eure Beiträge 🙂