Nadine, welche uns vor ein paar Tagen Richtung Heimat verlassen hatte, warnte uns noch vor der Verkehrssituation in Los Angeles. Sie hat dort Freunde und kennt sich recht gut aus. Besonders am Samstag sollen wir auf keinen Fall versuchen, nach 10Uhr morgens in die Stadt hinein zu fahren. Den Ratschlag nahmen wir gerne an, denn tatsächlich führte uns unser Weg an einem Samstag in die Stadt. Weil wir uns Morgens noch die Geisterstadt Calico ansehen wollten, würde es tatsächlich Nachmittag werden, bis wir nach Los Angeles fahren konnten.
In Calico durften die Mädchen zum ersten Mal (erfolgreich) Gold waschen. Auch eine alte Silbermine haben wir besucht.
Also machten wir uns gegen 11Uhr auf den Weg Richtung Los Angeles. Auf unserem aus der Schweiz mitgebrachten Tomtom gaben wir gleich bei der Abfahrt die Alternativroute ein. Wir wollten uns der Stadt von hinten nähern. Denn dann mussten wir erst gar nicht durch die Innenstadt. Die Fahrzeit verlängerte sich so von 2 Stunden auf 2 Stunden und 10 Minuten. Dazu muss man sagen, dass Tomtom den Luxus der Echtzeit Verkehrsmeldungen nicht in jedem Land der Erde anbietet. Jedenfalls bei den aktuellen Geräten nicht mehr. Obwohl in Europa selbstverständlich, ist es in den USA nicht mehr möglich, diesen Dienst zu erwerben. Je nach US-Bundesstaat erschienen uns dann die Stauwarnungen, oder eben auch nicht. In Kalifornien funktionierte die Stauwarnung leider nur in der Metropolregion San Francisco. Somit mussten wir entweder unsere Handys zücken und über Google nachschauen (was viele Daten benötigt) oder wir fuhren halt einfach ohne das Stauwissen. Wir hatten ja eigentlich immer genug Zeit.
Schon etwa eine halbe Stunde nach der Abfahrt, standen wir mitten in der Wüste auf einer zweispurigen Autobahn still. Von blossem Auge sahen wir etwa 3-4 Kilometer weit. Dort, am Ende der geraden Strecke, zog sich die Autobahn in einer weit geschwungenen S-Kurve über einen Hügel. Bis dort jedenfalls stand der Verkehr still. 43 Grad Aussentemperatur. Eine obskure Situation. Mitten in der Wüste, keine Infrastruktur ausser der Autobahn und der Verkehr stand still. Nun war es Zeit, Google zu kontaktieren. Aber wie so oft in den USA, gab es keinen Empfang. Dies kenne ich ansonsten nur aus schlechten Hollywood Filmen. Es kann doch nicht sein, dass es auf der einzigen Autobahn im Umkreis von 100 Kilometern keinen Handyempfang gibt!?!
Eine Stunde später waren wir beim Hügelkamm. Ah, eine Baustelle. Einspurige Verkehrsführung und einige Fahrzeuge, deren Motoren wegen des Staus überhitzt hatten. Die standen nun doof in der Baustelle herum und verschlimmerten die Situation. Arbeiten wollte heute niemand. Klar, bei der Hitze! Jetzt mussten dafür tausende Menschen in den Fahrzeugen schwitzen, denn die Klimaanlage konnte den gewünschten Temperaturunterschied nicht mehr halten. Froh dass es nun wieder weiter geht, beschleunigten wir auf die erlaubten 70 Meilen pro Stunde. Bereits auf dem Hügel war zu sehen, dass auch in der Gegenrichtung Stau wegen der Baustelle herrschte. Nun aber, als wir vom Hügel in die Ebene heruntersahen, wurde es im Auto still. Noch keiner von uns hat in seinem Leben einen so langen Stau gesehen. Die Autobahn zog sich schnurgerade durch die Wüste. Das Gelände war topfeben und es gab weder Gebäude noch Ausfahrten oder Strommasten. Das Einzige was zu sehen war, war die endlose Fahrzeugkolonne in der flirrenden Hitze. Bis ans Ende des Horizontes reichte die Kolonne. Das Ende war nicht zu erkennen. 20 Kilometer mussten das etwa sein. Einfach Wahnsinn! Wir unterhielten uns über all die Familien, welche vielleicht mit nur wenigen Litern Wasser dort fest sassen. Über die quengelnden Kinder und die Ausweglose Situation der Eltern, welche nicht einfach auf dem Pannenstreifen anhalten konnten, um sich nach Stunden im Stau die Füsse zu vertreten und den Kopf zu lüften. Es war schlicht zu heiss.
Eine gute Weile später waren wir an dem Punkt angekommen, den wir zuvor als Horizont wahrgenommen hatten. Auch von dort aus konnten wir das Ende des Staus noch nicht erkennen. Die Strasse machte einen leichten Bogen nach links, das war der einzige Unterschied.
Einiges später zeigte das Navi noch 45 Minuten Fahrzeit an. Brav folgten wir den Anweisungen. Tim sprach mit Englischem Akzent, welchen die Mädchen bereits eins zu eins nachmachen konnten. Wir hatten es erst mit Sam, einem Amerikaner und mit James, einem Australier probiert. Den Australier habe ich aber kaum verstanden. «To the rice». Nein, das nervte. Wir einigten uns also auf den Briten Tim. Für uns war einfach klar, dass wir die Kinder so oft als möglich der englischen Sprache aussetzen wollten. Also war Werner, die deutsche Navi Stimme, keine Option. Zeichentrickfilme am TV waren genauso spassig auf Englisch wie auf Deutsch. Und die tägliche halbe Stunde, welche wir miteinander nur Englisch sprachen, fanden die Mädchen irgendwann auch ganz witzig.
Brav folgten wir also den Anweisungen von Tim, bis wir abermals im Stau festsassen. Das konnte doch nicht sein. Und die ganzen hohen Gebäude kamen uns auch komisch vor. Also musste wieder mal Google herhalten. Aha! Tim hat wohl eigenmächtig die Route geändert. Er hat eine Strecke gefunden, welche 10 Minuten schneller ist! Mitten durch die Innenstadt… Nun war es bereits zu spät um umzudrehen. Wir stellten uns dem Stau. Acht Spuren in jede Richtung. Und auf beiden Seiten ging es kaum vorwärts. Wie kann es bei acht Spuren Stau geben? Das ist doch nicht normal! Mir gingen die warnenden Worte von Nadine durch den Kopf. Scheiss Tomtom.
Um es nun endlich kurz zu machen, Tim informierte uns um 15:55Uhr darüber, dass wir unser Ziel erreicht hatten. Fünf Stunden, für eine Strecke von zwei Stunden. Nervlich am Ende bezogen wir unser nicht ganz so bescheidenes Airb&b. «Designervilla in den Hollywood Hills» nannte sich das Inserat. Das mit den «Hills» war vielleicht ein wenig übertrieben, denn das Haus stand an einem Hügel in Gehdistanz zum Walk of fame. Trotzdem eine sehr schöne Unterkunft.
Die nächsten Tage blieben wir in Los Angeles. Stau hatte es auch am Sonntag, am Montag und am Dienstag zur Genüge. Egal wo. Einfach nicht schön. Wir besuchten die Warner Studios, kein Vergnügungspark, sondern ein echter Blick hinter die Kulissen der aktuellen Hollywood Filmarbeiten.
Selbstverständlich durfte ein Ausflug zum Santa Monica Pier und zum Venice Beach nicht fehlen. Wir mieteten uns dazu Fahrräder. Ein Follow-me Rad für Nathalie und Ronja und ein Tandem für Zora und mich. Für Zora war es das erste Mal, dass sie mit einem Tandem gefahren ist. Ein riesen Spass!
Dort am Strand gab es auch Skateboarder, welche ihr Können zur Schau stellten.
Fazit: In der City of Angels braucht man sehr viel Geduld. Vielleicht sollten die Stadtplaner bei der nächsten geplanten Verbreiterung der Autobahnen einmal ins Auge fassen, stattdessen eine ÖV Infrastruktur aufzubauen.