Mayday, Mayday, Mayday

by Nathalie
265 views 9 min read

Mayday, Mayday, Mayday. All stations, All stations, All stations

So beginnen die dringenden Funksprüche, welche auf Kanal 16 zwingend abgehört werden müssen.

Am 01. Dezember 2020 haben Jörg und ich beim BAKOM in Biel die LRC/SRC Funkprüfung abgeschlossen. Das war ein Tag…

Als Vorbereitung auf den Kurs haben wir einen Funkkurs gebucht und uns das notwendige Ausbildungsmaterial gekauft. Doch leider wurde der Kurs kurzfristig abgesagt. Notabene nachdem das Prüfungsdatum bereits fixiert war und nicht mehr verschoben werden konnte. Wir kämpften uns also alleine durch die Unterlagen und versuchten uns die Abläufe und Funksprüche einzuprägen. Mühsam und schleppend ging es voran.

Der grosse Tag rückte näher und die schlaflosen Nächte wurden immer quälender. Ausgiebiger Schneefall war für den Prüfugstag gemeldet und so machten wir uns schon 3 Stunden vor Prüfungsbeginn auf den Weg nach Biel. Rund 2 Stunden betrug unser Zeitpuffer.

Doch aufgrund des dichten Schneefalls benötigten wie schon über eine Stunde bis nach Eiken in den Hardwald. Anstelle von knapp 10 Minuten. Wir entschieden uns, nach Stein zum Bahnhof zu fahren und auf den Zug umsteigen. Wir meldeten also beim BAKOM, dass wir eventuell zu spät eintreffen werden. Wie peinlich.

Nur wenig zu spät beim BAKOM angekommen, erwartete uns eine hammermässige schwierige Prüfung. Ohje… was für eine Katastophe. Wäre ich tatsächlich auf der Seagull (so hiess das Segelschiff in der Prüfung) gewesen, dann wäre die Rettung wohl ausgeblieben oder Bremen Rescue hätte Nachgefragt was denn los ist🙈

Es verwunderte mich somit nicht, dass der Experte uns zu sich zitierte und ein Gespräch verlangte. Die Theorie hätten wie ja einwandfrei bestanden, aber die Praxis! Das sollen wir nochmals richtig einüben. Er gab uns eine Kopie von seinem persönlichen Ausbildungsordner mit und bat uns eindringlich, diesen durchzuarbeiten. Zack! Der Stempel war auf der Prüfung „Bestanden“. Damit hätte ich nicht gerechnet!

Auf allen bisherigen Segelreisen war das Funkgerät jeweils still. Weder unsere Skipper setzten einen Funkspruch ab, noch empfingen wir einen von einer andere Funkstelle.

Pflichtbewusst nahmen wir die Unterlagen mit auf unseren jetzigen Segeltörn. Dies mit dem festen Vorsatz, die Theorie nochmals durchzugehen. Schliesslich waren wir jetzt die Skipper und trugen die Verantwortung.

Die Tage vergingen und die Unterlagen waren gut in der Box unter dem Schrank verstaut. Aus den Augen, aus dem Sinn. Doch dann zerreist ein schriller Pfeifton die Stille auf der See: „Mayday, maday, mayday, all ships, all ships, all ships…“. Kreidebleich stürtze ich an das Funkgerät. Ja, wir haben gelernt Funksprüche abzusetzen. Aber wie verhalte ich mich wenn ich einen Notruf erhalte und jemand dringend Hilfe benötigt?

Der Distressgrund ist bei der Meldung nicht angegeben. Das heisst, die Crew musste das Schiff fluchtartig verlassen. Keine Zeit, einen detaillierten Notruf abzusetzen. Ich notiere die Position des Schiffes und sehe auf der Karte nach. Es ist über 100 Seemeilen (180 km) von uns entfernt. Auf der stark befahrenen Ostsee, wird also die Rettung vor Ort sein, bevor wir am Ort des Geschehens eintreffen könnten. So setze ich mich also wieder an Deck, in Gedanken bei der Seemannschaft in Not.

Keine Stunde später, ereicht uns der nächste Notruf. Auf einem Schiff ist Feuer ausgebrochen. Die Mannschaft befindet sich bereits im Rettungsboot und muss geborgen werden. Bremen Rescue leitet den Notruf anstelle weiter. Abermals notiere und bestimme ich die Postion des Schiffes und stelle fest, dass auch dieses zuweit weg ist, als das wir helfen könnten. Was für ein Tag!

Abgesehen von kurzen Anfragen und einem gemeldeten Notruf eines gebrochenen Mastes, bleibt das Funkgerät die nächsten Tage mehrheitlich still. Die Kinder werden bei jedem Funkspruch ganz nervös und rufen mich. Ich erkläre ihnen, dass sie mich nur rufen müssen, wenn die SWING, also unser Schiff, oder ein „all ships“ Funkspruch vorkommt. So bleibt es bei einer Meldung über ein aktives, militärisches Sperrgebiet und dem Geplänkel einiger Skipper.

Bis; Ja, bis wir durch die Bucht von Eckernförde fahren.

„Segelboot SWING, SWING, SWING hier spricht das Marineradio, bitte melden“ hallt es durch das Funkgerät. Moment mal, dass sind wir!
Ich blicke mit weit aufgerissenen Augen zu Jörg. Echt jetzt? Meinen die uns?

„Segelboot SWING, SWING, SWING hier spricht das Marineradio, bitte melden“ hallt es bereits zum zweiten mal durch den Raum. Jörg schickt mich runter zum Funkgerät. Ich stelle mich also zum Funkgerät und melde mich.

Meine Stimme zittert vor Nervosität. Meine Rückmeldung entspricht nicht ganz dem Protokoll. Aber anscheinend versteht der Marineoffizier mich dennoch. Er weist mir den Kanal 9 zu. Ich bestätige und wechsle also zu Kanal 9.

„Segelboot Swing, sie haben ein U-Boot voraus. Ändern sie ihren Kurs um 30 Grad Steuerbord“. Oh ha!!!! Ist nicht wahr? Jetzt wird es interessant. Schon fast zu förmlich bestätige ich die Kursänderung und gebe sie an Jörg auf Deck weiter. Und schon bedankt und verabschiedet sich der Offizier. Das Rauschen erlischt und ich wechsle zurück auf den Notrufkanal 16.

Puhhh… das ging ja nochmals gut. Tatsächlich kreuzen wir schon wenig später ein U-Boot. Was für ein Highlight! Die Kinder und auch wir, sind ganz fasziniert. Fotos und Videos werden gemacht und der Kurs wird wieder zurück geändert. Schliesslich wollen wir nicht in die eigentliche militärische Zone, dem Torpedokanal eindringen.

Lange sehen wir noch dem U-Boot nach und passieren auch weitere Kriegsschiffe. Auch Militärhelikopter, welche auf den Schiffen landen, können wir beobachten. Erst später in Burgstaaken erfahren wir, dass es sich um die Übung „BALTOPS“ der NATO handelt. Gemäss der Bundeswehr, dem wichtigsten Marinemanöver in der Ostsee. Und wir sind mal wieder mittendrin statt nur dabei 😅😂

1 comment

Thomas Schuler 9. Juni 2023 - 5:12

Ja toll! Ende Gut alles Gut 🙂

Danke für die schönen Bilder der Steuergelder …. äh Kriegsschiffe.

Habt Euch wohl

Thomas

Reply

Leave a Comment

Das könnte dir auch gefallen