Raus aus der Stadt und rein ins Abenteuer. Es ist Zeit, dass wir San Francisco verlassen und mit der eigentlichen Reise beginnen. Also fahren wir mit einem Uber XL raus zum Internationalen Flughafen und schnappen uns einen Mietwagen. Die Dame am Schalter ist der absolute Knaller. Entweder hat sie heute einfach unglaublich gute Laune oder Jörg gefällt ihr so unheimlich. Schon nach 5 Minuten kriegen wir ein kostenloses Upgrade für unser Fahrzeug. Und so tragen wir unser Gepäck zu unserem Dodge Durango und fahren los. Zuerst über die endlosen Ebenen von Kalifornien, dann über eine kurvenreiche Strasse hoch in die Sierra Nevada.
Unser heutiges Ziel ist der Sequoia Nationalpark. Der Sequoia liegt in einem Gebirgszug der Sierra Nevada und ist bekannt für die Sequoia Bäume. Diese kennt man bei uns auch unter dem Namen Mammutbäume. Die Sequoia Bäume gehören der Familie der Zedern an und werden über 3000 Jahre alt. Die Bäume waren also schon da bei der Geburt Christi, den Römern, dem Bau der mittelalterlichen Burgen und und und. Dagegen haben wir die Lebensdauer einer Eintagsfliege. Wie sich die Bäume genau gegen Insekten schützen und wie sich die Bäume gegen das Feuer schützen dieses aber auch brauchen, könnt ihr hier nachlesen.
Apropos Feuer. Schon kurz nach dem Eingang des Nationalparks fahren wir durch ein Tal, welches beim grossen Waldbrand von 2021 abgebrannt ist. Trostlos ragen die abgebrannten Baumstämme wie verkohlte Zahnstocher in die Luft. Nur an vereinzelten Stellen wachsen bereits kleinere Büsche und Bäume nach. Welch trauriger Anblick. Auch die Kinder werden richtiggehend demütig. Fragen nach wie solche Feuer entstehen können und sind schockiert, dass diese meist von Menschen verursacht sind. Sei dies mutwillig, durch Unachtsamkeit oder einfach aus Ignoranz, sich an Regeln zu halten. Es wird still und nachdenklich im Auto.
Nach einiger Zeit wird es wieder grüner und wir sehen die ersten grossen Sequoia Bäume. Beeindruckende stille Giganten. Plötzlich herrscht ein reges Treiben auf der Strasse. Was ist denn da los? Kurzerhand schliessen wir uns dem Parkchaos an und steigen aus. Schnell entdecken wir den Grund. Es ist ein Bärenjunges, welches in einer Wiese mit den Grashalmen spielt. Zora ist kaum zu halten. Ununterbrochen redet sie und kommentiert jede Bewegung des Bärenjungen 😉 Leider können wir kein gutes Foto machen, der Bär ist zu weit weg oder eben unser Fotoapparat zu schlecht. Ich nerve mich doch etwas, dass ich meine Nikon wieder ausgepackt habe.
Wir treffen müde in der Wuksachi Lodge ein und beziehen unser Zimmer. Nach einer kurzen Pause machen wir uns auf den Weg zum Hauptgebäude. Unterwegs witzeln wir, dass wir nun Bärenfutter sind und Ronja ist es zunehmend unwohl und sie kriegt es mit der Angst zu tun. Wie gemein wir doch sind. Plötzlich bleibt Zora wie angewurzelt stehen und flüstert: «Bär, da ist ein Bär!!» Tatsächlich keine 15m entfernt, am Rande des Parkplatzes, putzt sich ein Schwarzbär seine Tatzen. Kurz ein Foto und ein Video und dann schnell weiter.
Wir beziehen unser Essen und setzten uns auf die Terrasse. Für uns unbegreiflich wird alles einzeln Karton verpackt serviert und es gibt ausschliesslich Plastikbesteck und -becher. Anscheinend wird hier selbst in einem Nationalpark der Umweltschutz nicht sonderlich hochgehalten. Gerade als wir anfangen UNO zu spielen, kommt ein Servicemitarbeiter. Er ruft laut «Bear, Bear!!» und hat eine Gas Hupe dabei, welche er rege einsetzt. Wir sollen unsere Essensboxen in den bärensicheren Abfalleimer werfen und viel Lärm machen. «Please make some noise. Don’t forget to pick up your daughter». Er erklärt uns, dass ein Jung Bär auf Reviersuche jeden Abend zum Restaurant kommt und sich auf der Terrasse nach Essbarem umsieht. Aha… alles klar. Das ist ja richtig beruhigend. Wir entsorgen unseren Abfall und bleiben vorerst sitzen. Zora, unsere Bärenspäherin, entdeckt den Bären nach kurzer Zeit. Wir entschliessen uns dazu, dass wir kein Risiko eingehen möchten und machen uns auf den Weg zur Lodge. Gute Nacht.
Am nächsten Tag gehen wir früh los und laufen zum General Sherman Tree. Nein, er ist nicht der älteste- oder höchste Baum und auch nicht der mit dem grössten Umfang. Aber er ist der Baum mit dem meisten Holz, also dem grössten Volumen. Beeindruckend. Was für ein Gigant! Unzählige Streifenhörnchen aber auch Hirschkühe begleiten uns. Nach über 25 Streifenhörnchen gibt auch Zora das zählen auf und wir einigen uns, dass es einfach viele sind 😊. Weiter geht es auf dem Trail und die Fotokameras laufen heiss. Wer sortiert bloss all diese Fotos…
Wir setzen unseren Weg fort und möchten noch weitere Trails ablaufen. Die Parkplätze sind aber dermassen überfüllt, dass wir keine Möglichkeit haben zu parkieren. Die Ranger schicken alle Fahrzeuge weiter. Der Park wird regelrecht von, mehrheitlich amerikanischen, Touristen überschwemmt. Die Ruhe, die Idylle und auch die Tiere sind auf einmal verschwunden und ein Strom aus Menschen bewegt sich durch den Wald. Nein, das ist nicht das was wir möchten. Nach einem kurzen Familienrat entscheiden wir uns den Park zu verlassen und in Richtung des nächsten Tagesziels zu fahren. Eine endlose Blechkolone kommt uns entgegen und beim Parkeingang hat sich eine lange Schlange gebildet. Liebe Leute… es hat keinen Platz mehr im Park.
Die Strasse ist gesäumt von unendlichen Orangenplantagen. Ronja schläft und Zora lässt ihren Blick über die Gegend schweifen. Es ist ruhig im Auto und wir legen die Strecke nach Oakhurst zügig zurück. Oakhurst liegt kurz vor dem Yosemite Nationalpark, unserem nächsten Ziel. Doch was ist das? Ich erhasche eine Infotafel, welche darauf hinweist, dass die Zufahrt in den Park nicht möglich ist. Als Navigationsverantwortliche informiere ich mich kurz, was da genau los ist. Schnell ist klar, dass aufgrund eines Waldbrandes diese Zufahrt in den Park gesperrt ist. Es brennt bei Marisposa Grove. Einem Teil des Parks mit den grössten und ältesten Bäumen. Der Brand ist vor kurzem ausser Kontrolle geraten und seit gestern ist die Strasse gesperrt. Nach kurzer Zeit sehen wir die Rauchschwaden vom Wald aufsteigen und wie sie den Himmel verdunkeln. Tja, jetzt sind Alternativen gefragt.
Ich finde eine Alternativeroute zum westlichen Parkeingang, ca. 1 Stunde Umweg aber immerhin ist es möglich in den Park zu fahren. Dabei stosse ich noch auf die Information, dass der Park ein «time based entry ticket» voraussetzt. Oh ha… diese Info ist bei der Planung wohl untergegangen. Schnell stelle ich fest, dass diese Eintrittsfenster schon für die nächsten 2 Wochen ausverkauft sind. Was für ein Quark! Ohne reserviertes Eintrittsfenster muss der Parkeingang vor 06:00 Uhr resp. nach 16:00 Uhr passiert sein. Das gibt eine kurze Nacht.
Um 03:50 Uhr klingelt der Wecker. Leise ziehen wir uns an, stecken die Kinder in ihre Kleider und tragen sie und das Gepäck ins Auto. Jörg hat ihnen zwei bequeme Liegemöglichkeiten hergerichtet und schnell sind die Zwei wieder im Schlummerland. Um 05:50 Uhr passieren wir den Parkeingang. Die Rangerin will nicht, dass wir halten um die Parkgebühren zu bezahlen. Wir sollen jetzt weiterfahren und den Platz frei machen, damit möglichst viele noch vor der Deadline einfahren können. Wir befinden uns nun inmitten des Rauches, welcher vom Wind fortgetragen wird. Die Sicht ist beschränkt und es riecht wie in einer Räucherkammer.
Im Yosemite Valley machen wir halt und essen ein Frühstück aus dem Kofferraum. Die Sonne geht auf und strahlt blutrot durch die Nebelschwaden. Es ist noch still und friedlich im Park und wir geniessen die Zeit für uns. Da die (Fern-) Sicht so eingeschränkt, die Luft mühsam zum Atmen und der Wasserfall ausgetrocknet ist, entscheiden wir uns keine Wanderung zu unternehmen. Schade, aber gegen die Natur sind wir einfach machtlos. Und so setzten wir die Fahrt fort. Nach kurzer Zeit entdecken wir wieder einen Bären. Wir halten und sehen ihm eine Weile zu. Einfach nur schön diese Tiere.
Die Big Oak Flat Road windet sich weiter hoch und wir kommen an verschiedenen Aussichtspunkten vorbei. Leider sehen wir auch hier nicht viel mehr als rauchverhangene Täler.
Bei der Tuolumne Grove ist die Sicht endlich besser und wir machen uns auf zu weiteren Riesenmammutbäumen. Für die 2.5 Meilen (ca. 4km) wird eine Wanderzeit von 2-3 Stunden angegeben. Dies, da ja auch sagenhafte 120 Höhenmeter überwunden werden müssen. Alles klar Jungs, ihr seid einfach keine Wandernation. In der Grove angekommen, bestaunen wir weitere Bäume. Die Kinder balancieren auf einem umgefallen Sequoiabaum, laufen durch einen ausgehölten Baum hindurch und am Ende führt sogar noch die Strasse mitten durch einen Baum. Wobei es hier bei Ronja doch etwas Überredungskunst und eine Taschenlampe benötigt 😉
Es fühlt sich an wie auf einem Abenteuerspielplatz und zeigt nochmals auf, wie klein wir Menschen doch eigentlich sind. Bald sind wir auf dem Rückweg und auch hier kommt uns nun bereits ein Menschenstrom entgegen. Echt jetzt? Fängt das schon wieder an? Schnell ist die Ruhe verflogen und wir flüchten vor den Menschenmassen und setzten unsere Reise fort. Vorbei an wunderschönen Steinformationen, durch gefühlt unendliche Wälder weiter bis zum Olmsted Point. Hier haben wir einen wunderschönen Ausblick über Tenaya Canyon und in der Ferne sehen wir ganz kurz den Half-Dome. Einer der bekanntesten Berge des Parkes. Endlich.
Vom Hunger getrieben setzten wir die Fahrt fort und kommen in ein Hochtal auf rund 2700 Meter über Meer. Ronja meint ganz spontan «Hier war ich schon mal mit Oma. Wir sind im Engadin!» ähm nein, nicht ganz aber es sieht hier wirklich so aus. Wunderschöne Ebenen von kleinen Flüssen durchzogen, von Nadelbäumen gesäumt, ein glasklarer See und einfach unberührte grüne Natur.
Kurze Zeit später verlassen wir den Park über den Highway 120 und unglaublich schnell verändert sich die Landschaft. Es wird karg und steinig. Die Bäume werden seltener, Büsche immer kleiner und eintönig. Die Landschaft erscheint unwirklich. Was für ein Kontrast.
Für das Mittagessen machen wir einen Abstecher nach Mammoth Lakes. Selbstverständlich über den idyllischen Scenic Loop, welcher durch einen zauberhaften Wald führt. Höchstgeschwindigkeit ist hier 25 mp/h. Da schläft einem fast das Gesicht beim Fahren ein. Dort angekommen, befinden wir uns im Mountain Bike Mekka. Kreuz und quer durch Wälder führen Downhillstrecken und Verbindungsbusse karren die Menschenmassen und ihre Bikes wieder hoch auf den Berg. Bei der Talstation angekommen, blicken wir auf einen zerfurchten Berg, in welchen unzählige Schneisen für Ski- und Snowboardpisten geschlagen wurden. Echt jetzt? Ein weiteres Mal ist der Bünzli Schweizer in uns schockiert. Wie kann man nur so sorglos mit der Natur umgehen. Fotos gibt es von hier keine.
Müde vom langen Tag, wir sind ja um 03.50 aufgestanden, fahren wir durch die Steppen, auf einer schier endlosen geraden Strasse. Weit in der Ferne ist eine grüne Oase sichtbar. Bishop. Unser Ziel für heute Nacht. Nach einem kurzen Abstecher in den Supermarkt, beziehen wir unser Häuschen im Eastside Guesthouse & Bivy. Was für ein Bijoux! Super nette Gastgeber, saubere und toll hergerichtete Zimmer und Aufenthaltsräume. Ein Geheimtipp für jeden der von der Westküste auf dem Weg nach Las Vegas ist. Die Kinder werfen sich in die Hängematten im Garten und es wird gelesen, gezeichnet und einfach nur die Ruhe genossen. Später essen wir im Schatten der Bäume unser Picknick und fallen müde und dankbar ins Bett. Während die Kinder schon schlafen, bereitet Jörg noch die nächste Etappe vor. Die Route führt uns über die Area 51, wo damals vermeintlich die Ausserirdischen abgestürzt sind, nach Las Vegas, wo wir meine Cousine treffen werden. Sie wird uns die nächsten Wochen begleiten. Das wird ein Spass 😊